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Håkon Storm: Zinober (Review)

Artist:

Håkon Storm

Håkon Storm: Zinober
Album:

Zinober

Medium: CD
Stil:

Sieben Gitarren auf dem Weg zum Glück!

Label: NORCD
Spieldauer: 52:19
Erschienen: 31.03.2012
Website: [Link]

Hoffentlich mache ich mich nicht unbeliebt, wenn ich diese Kritik mit den Worten einleite: „Hier kommt er nun – der musikalische Hemingway 'Der alte Mann – und die Gitarre(n)'“. Etwas me(e)hr wäre mir allerdings deutlich lieber gewesen, denn ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie schwer enttäuscht ich von einem meiner ehemaligen Helden aus dem Hause GENESIS gewesen war, als dieser plötzlich mit zwei fast ausschließlich auf akustischer Gitarre basierenden Alben aufwartete, die „Bay Of Kings“ und „Momentum“ hießen, denen aber irgendwie all das fehlte, was man von einem STEVE HACKETT erwartete. So war das am Ende nur richtig gute Gitarrenmusik, ohne großen Schnickschnack und komplett unaufgeregt. Am Ende jedoch alle Erwartungen enttäuschend. Ganz ähnliche Empfindungen habe ich, wenn die CD „Zinober“ des norwegischen Ausnahmegitarristen und Gitarrenlehrers HÅKON STORM in meinem Player rotiert.

HÅKON STORM ist auf unseren Seiten kein Unbekannter, denn als mein lieber Kritiker-Kollege Andreas Schiffmann die Kollaboration zwischen STORM & dem Bassisten THOMAS WINTER ANDERSEN namens „Patchwork“ besprach, war seine Begeisterung zu diesem breit instrumentierten Jazz-Erlebnis unschwer erkennbar, das in dem Fazit „aufregende, auf Improvisation beruhende Klangkunst ohne Scheuklappen, durchweg mit Genuss hörbar und spannend“ gipfelte.

Auch ich würde sehr gerne solch ein Fazit verfassen, nur „Zinober“ lässt das aus meiner persönlichen Sicht einfach nicht zu. Der Grund dafür ist recht einfach: Wir haben es zwar mit einem begnadeten, sehr viels“a“itigen Musiker aus Norwegen zu tun, der ganz locker auch dieses nordische Musikgefühl verkörpert … nur hätte er sich nicht auf eine „reine“ Gitarrenplatte – so vielfältig auch die von ihm gespielten Gitarren sind – beschränken sollen. Virtuosität und Fantasie allein genügen für einen komponierenden Gitarristen einfach nicht, wenn er fast eine Stunde lang nur auf unterschiedliche Gitarren zurückgreift. Eins“a“itigkeit macht sich irgendwann breit, selbst wenn diese sehr vielsaitig ist. So war das bereits bei STEVE HACKETT und so ist das nun auch bei HÅKON STORM. Am stärksten aber erinnert mich „Zinober“ an die vielen Solo-Werke des viel zu früh verstorbenen amerikanischen Jazz-Gitarristen JOE PASS, der seine größten Erfolge allerdings erst durch die Zusammenarbeit mit ELLA FITZGERALD erringen konnte.

Mit „Scamsmacker“ beginnt der Gitarren-Solo-Tripp noch ziemlich dynamisch und die 12-saitige Guild F412 pfeffert für knapp 30 Sekunden im jazzigen Freistil los, um die Geschichte des Superhelden Scamsmacker, den unser norwegischer Gitarrero erst durch seinen vierjährigen Sohn kennenlernte, zu vertonen. Am Ende von „Zinober“ sind es sogar sieben unterschiedliche akustische und elektrische Gitarren, die hier erklingen, und natürlich habe ich in der Titelauflistung auch alle gesondert benannt, genauso wie STORM es bei den Titelangaben auf der Rückseite seines Digi-Packs tat. Außerdem darf jeder, der eine Lupe im Hause hat, dann ausgiebig lesen, was STORM für Gedanken zu jedem Titel bewegt haben – eben klitzekleine Worte mit großer Wirkung. Und so erfahren wir unter Anderem, dass wir es bei „Waterfront“ mit einer „Power Ballade“ (Seltsame Umschreibung für einen ziemlich langsam dahinplätschernden Song!) oder bei „Sea & Mist“ einem verträumt-meditativen Song zu tun haben, während „Tamara“ improvisiert und „Miramis“ von solchen Gitarristen wie JIMMY PAGE, RALPH TOWNER und MIKKEL NORDSØ beeinflusst wurde. Wie gesagt, jeder Song enthält neben der musikalischen zugleich auch eine eigene verbale Interpretation des Künstlers. Der Ehrlichkeit halber muss ich aber feststellen, dass ich nicht immer auch das gleiche Hörempfinden habe, welches mir STORM gedanklich auf der Rückseite der CD-Hülle zu vermitteln versucht.

Leider gingen seine Gedanken auch nicht über den stark eingeengten Horizont „reines Solo-Gitarren-Album“ hinaus, indem er, genauso wie bei seinen drei Alben zuvor, auf schlagkräftige Jazz-Mitstreiter zurückgreift. Darum klingt „Zinober“ in gewissen Momenten so, als hätten AL DI MEOLA, JOHN McLAUGHLIN und PACO DE LUCIA beschlossen, ihr „Friday Night In San Francisco“ solistisch, aber nicht im „Dreierpack“ einzuspielen oder eben wie die akustischen Gitarren-Platten von STEVE HACKETT, die zwar jeder Genesis-Fan sicherlich im Regal stehen hat, aber nur äußerst selten herausholt, geschweige denn anhört. Auch wenn wahre Gitarren-Fetischisten das garantiert ganz anders sehen.

Oftmals bleibt im Endeffekt nur noch ein verträumtes, etwas schwebend-abgehobenes Klampfen übrig und wohl nicht umsonst schließt „Zinober“ mit der klassischen Komposition des italienischen Barock-Komponisten ANTONIO CALDARA (1670 – 1736) ab, das einen beim Hören regelrecht in den Schlaf wiegt. Einen angenehmen, ungestörten, tiefen, aber leider auch traumlosen Schlaf.

FAZIT: Ein Album für Freunde reiner Gitarrenmusik und garantiert eine lohnenswerte Anschaffung in puncto Gitarren-Virtuosität. Wer allerdings von Musik mehr als einfallsreiche Gitarrenausflüge mit einem deutlichen Hang zu ruhigeren Kompositionen erwartet, der wird nach einer gewissen Zeit deutliche Ermüdungserscheinungen beim Hören von „Zinober“ verspüren. Und um HÅKON STORM in diesem Sinne kein Unrecht anzutun, verzichte ich auf eine Punktwertung dieses Albums. Ein perfekter Gitarrist ist STORM allemal!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4160x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Tracklist:
  • Scamsmacker (Guild F412 12 String)
  • Waterfront (Taylor GT-8 8-string Baritone Guitar)
  • Sea & Mist (Ramirez 2cwe Nylon String)
  • Zinober (Guild F412 12 String)
  • Soldatsang (Vibesware GR-1 Guitar Resonator + Ramirez 2cwe Nylon String)
  • Snømann (Ramirez 2cwe Nylon String)
  • Wow (Tylor GT-8, 8-string Baritone Guitar/Gibson ES335/Ebow/Talkbox)
  • Tamara (Gibson ES335 through a 70s Fender Twin Reverb)
  • Cacadou (Raines Studio Nylon 7-string)
  • Miramis (Guild F412 12 String)
  • The Resurrection Of The Cool (Gibson 1953 ES175)
  • Kobolt (Gibson 1934 L-50)
  • Detuned (Guild F412 12 String)
  • Oker (Ramirez 2cwe Nylon String)
  • Canon (Gibson 1934 L-50)

Besetzung:

  • Gitarre - Håkon Storm
  • Sonstige - Håkon Storm (Ebow & Talkbox)

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